Vom bürokratischen Monster zum Werkzeug für den Praxiserfolg:

Qualitätsmanagement für die Zahnarztpraxis von Anfang an

Der Ruf von Qualitätsmanagement hat unter Zahnärzten durch die Überbürokratisierung sehr gelitten. Die Grundidee von QM ist aber eine bestechend einfache: QM gibt dem Zahnarzt die Möglichkeit und das Instrumentarium, den Praxiserfolg und die erfolgskritische Faktoren systematisch zu überwachen und zu steuern. Darauf sollte kein Zahnarzt verzichten.

1. Zielmanagement für den Zahnarzt: Ohne Ziele kein Erfolg!

1.1 Der schwierige erste Schritt: Definition von Zielen

Erfolg ist immer das Erreichen von Zielen: Für die einen der wirtschaftliche Erfolg, für den anderen die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für wieder andere die erfolgreiche Positionierung als Spezialist.

Der erste und schwierigste (!) Schritt im QM ist die Definition von Zielen: Was möchte ich bis wann erreichen? Hinter dieser Frage verbergen sich unter anderem Fragen nach der beruflichen Motivation, nach den eigenen Werten (Geld oder Freizeit…?), nach den Erwartungen an sich selbst.

Eine Aussage wir „Ich hätte gerne mehr Geld“ oder „Ich hätte gerne mehr Zeit“ oder „Wir wollen mehr Prophylaxepatienten“ genügt hierbei nicht: Die Formulierungen sind zu unpräzise. Und wer nicht weiß, wo er als Zahnarzt mit seiner Praxis hin will, darf sich nicht wundern, wenn seine Mitarbeiterinnen dies auch nicht wissen. Wer allerdings weiß, was er bis wann erreichen möchte hat einen klaren Kompass: Er weiß wozu er ja sagt, aber vor allem auch, was er nicht möchte.

So werden Sie fundamental andere Entscheidungen treffen, wenn Ihr Ziel lautet „In 5 Jahren habe ich eine Private Einzelpraxis mit einem Jahresgewinn von mindestens X“ als wenn sie sagen: „In 5 Jahren umfasst unsere Zahnarztraxis 5 Standorte im Umkreis von 10 Kilometern und wir haben mindestens 20 Zahnärzte beschäftigt, der Gesamtjahresgewinn liegt bei mindestens X €“

Ein Ziel sollte immer folgenden Kriterien genügen:

  1. Es ist für Sie bedeutsam
  2. Es ist erreichbar, d.h. nicht utopisch, sondern motivierend
  3. Es ist messbar, d.h. die Zieldefinition sollte eine konkrete Zahl beinhalten
  4. Ein Zieldatum ist vorhanden, bis zu dem man das Ziel erreich haben möchte
  5. Es ist schriftlich definiert

Beispiel:
Sie möchten in Ihrer Praxis mehr Wert auf Prophylaxe legen: Ein dazu passende Ziel könnte z.B. lauten: „Wir steigern bis zum 31.12.20xx den Anteil der Patienten, die eine Prophylaxebehandlung in unserer Zahanrztpraxis durchführen lassen von 5% auf 15%“.

1.2 - 2. Schritt: Etwas für die Zielerreichung tun

Wenn Sie das o.g. Ziel an die Mitarbeiterinnen kommunizieren und sie diese auffordern, Ideen zu entwickeln, wie das Ziel erreicht werden könnte, kommen sicherlich einige Fragen: Wo sollen wir die Patienten ansprechen? Wer spricht die Patienten an? Haben wir ein Recallsystem aufgebaut? Was ist mit Patienten, die seit Jahren nicht bei uns waren? Haben wir Informationsmaterial dafür?

Klären sie die Fragen, definieren Sie klar, welche Mitarbeiterin wofür zuständig ist, wer was bis wann zu erledigen hat, um das Projekt „Prophylaxequote steigern“ voranzubringen

1.3 - 3. Schritt: Erfolge messen

Nun sollten Sie die Erfolge messen und kommunizieren: Wie entwickelt sich die Prophylaxequote? Machen Sie z.B. einmal im Monat einen Aushang im Sozialraum, wie sich die Quote entwickelt hat. Die Zahlen bekommen Sie z.B. aus der EDV-Statistik.

Zum Zieldatum (in unserem Beispiel 31.12.20xx) prüfen Sie dann, ob das Ziel erreicht wurde.

1.4 - 4. Schritt: Feiern – oder Kurskorrektur

Wenn das Ziel erreicht wurde – feiern Sie und machen Sie sich und dem Team den Erfolg bewusst.

Wenn das Ziel nicht erreicht wurde, gilt es nach den Ursachen zu fragen: Ist ggf. eine Mitarbeiterin länger krank gewesen? Ist das Werbematerial vorzeitig ausgegangen? Oder haben wir das Ziel etwa aus den Augen verloren? Hat nebenan eine andere Praxis aufgemacht? Nun gilt es systematisch die Ursachen zu erforschen und letztlich zu entscheiden, ob das Ziel im Folgejahr unverändert angestrebt werden sollte.

2. Organisation

Die Organisation der Praxis entscheidet maßgeblich über Ihren Praxiserfolg bzw. über Ihren Erfolg als Zahnarzt.

Das Ziel dabei: Eine Mitarbeiterin, die am richtigen Ort zur richtigen Zeit das richtige tut.

Organisation in der Zahanrztpraxis lässt sich in 2 Teilbereiche aufteilen:

2.1 Aufbauorganisation: Wer macht was?

Diese so einfache Frage hat es in sich: In einer Zahnarztpraxis gibt es 400 verschiedene Tätigkeiten. Als Zahnarzt diese so zu koordinieren, dass dies unserer o.g. Zielsetzung folgt, ist eine echte Herausforderung. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass wir für jede Mitarbeiterin eine Liste der Dinge schreiben, für die sie zuständig und ggf. auch stellvertretend zuständig ist. Problemtisch an diesem Ansatz („Stellenbeschreibung“) ist, dass Mitarbeiterinnen kommen und gehen, Arbeitsstundenzahlen sich ändern usw. Jedes Mal müsste die Stellenbeschreibung angepasst werden – und dieser Aufwand wäre gewaltig.

Wir empfehlen folgendes Vorgehen: Definieren Sie Arbeitsbereiche (sog. „Arbeitsplatzbeschreibungen“), z.B. Arbeitsplatzbeschreibung Empfang, Assistenz, Sterilisation, Prophylaxe, Abrechnung usw.

Mögliche Bestandteile:

  1. Was sind die Ziele des Arbeitsbereichs?
  2. Hat der Bereich eine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Bereichen? Wem ist der Bereich unterstellt (im Regelfall dem Praxisinhaber)
  3. Wie ist die Besetzung geregelt? Gibt es z.B. einen Dienstplan?
  4. Wofür ist der Bereich verantwortlich? Was macht der Bereich selbständig, wo muss er vorher fragen, wo soll er den Praxisinhaber hinterher informieren?
  5. Welche Qualifikationen / Einarbeitungen muss jemand haben, der in dem Bereich arbeitet?
  6. Welche Dokumente / Checklisten / Arbeitsanweisungen / Anleitungen usw. gehören zu dem Bereich?
  7. Was ist bei Leerlauf zu tun (z.B. Unterstützung des Bereichs X)?

(Ein Beispiel senden wir auf Wunsch gerne zu: qm@praxismanager.de)

Dies wäre für alle Arbeitsbereiche zu leisten.

Ferner ist es sehr sinnvoll, nun festzulegen, wer wann in welchem Bereich arbeitet, d.h. Sie sollten sich an die Erstellung eines Dienstplans machen

Beispiel:

Montag

vormittag

nachmittag

Anmeldung

Schulze

Saubermann

Assistenz 1

Martini

Schulze

Verwaltung

Wiedemeyer

 -

 

 

Hier ist nun ganz klar, wer wann wofür in ihrer Praxis verantwortlich ist.

2.2 Ablauforganisation in der Zahnarztpraxis: Wie machen wir es?

Für die Ablauforganisation ist zu klären:

  1. Wie wird es gemacht?
  2. Welcher Bereich ist zuständig dafür?
  3. Welche Listen und Dokumente gehören noch zu diesem Ablauf

All diese Fragen fasst man dann in einer sog. „Arbeitsanweisung“ zusammen (für einen Arbeitsbereich) oder zu einer Verfahrensanweisung (wenn mehrere Bereiche betroffen sind). Beispiel: „Arbeitsanweisung Individualprophylaxe“

Hilfreich sind auch bisweilen sog. Checklisten, z.B. „Checkliste Instrumente Wurzelextraktion“ oder „Checkliste Arbeitsbeginn Anmeldung“. Checklisten kann man gut mit Diktiergerät erstellen, oft helfen auch Fotos (z.B. von einem Instrumententray) um die eigenen Vorstellungen auch anderen verständlich zu machen.

3. Besprechungen – teure Zeit sinnvoll nutzen

Besprechungen sind wichtig, aber auch teuer. 1 Stunde Besprechung kann leicht über 1000 € Umsatzverlust bzw. Personalkosten verursachen – daher sollte auch etwas herauskommen. Regelmäßig, z.B. am besten einmal pro Woche, alle 2 Wochen oder alle 4 Wochen sollten das Team und Sie sich Zeit nehmen, um anliegende Probleme zu besprechen. Schließen Sie die Praxis während der Besprechung und stellen Sie den Anrufbeantworter an.

Es sollte ein Tagesordnung geben, d.h. die zu klärenden Punkte sollten vorher feststehen (vielleicht haben Sie ja eine kleine Sammlung in Ihrem Smartphone angelegt oder ein Heft ausliegen, in das die Mitarbeiterinnen und Sie solche Punkte vor der Besprechung sammeln?). Ohne Tagesordnung sind Besprechungen nicht effektiv.

Zu jedem Punkt sollte dann festgelegt werden: Wer macht was bis wann? Ohne diese Festlegung (s.o. „Ziele“) dient eine Besprechung nur der Teamhygiene, nicht aber konkret messbaren Ergebnissen. Diese Liste sollte beim nächsten Mal vorgelesen werden, um zu prüfen, was erledigt wurde. So kommen Sie systematisch voran.

4. QM in der Zahnarztpraxis umsetzen – Zeitkiller vermeiden

Nachdem Sie nun einige praktische Punkte des QM kennengelernt haben, sollte der Blick den Formalia gelten. Nach Gründung einer Praxis haben Sie 4 Jahre Zeit, ein QM-System zu installieren. Die Anforderungen finden Sie in der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in der vertragszahnärztlichen Versorgung (Qualitätsmanagement-Richtlinie vertragszahnärztliche Versorgung) in der Fassung vom 17.11.2006“. Im Internet z.B. unter www.praxismanager.de oder bei der KZV.

Der wichtigste Satz der Richtlinie lautet: „Qualitätsmanagement muss für Praxisleitung und Praxismitarbeiter sowie für die Patienten nützlich, hilfreich und unbürokratisch sein.“

Bei einer Befragung aus dem Jahr 2008 (N = 1242 Praxen) kam allerdings heraus, dass Arzt und Team im Durchschnitt 400 Stunden brauchen, um QM umzusetzen. Konkret bedeutet dies Umsatzverlust plus Personalkosten von weit über 20.000 €!

Was oft übersehen wird: Der größte Zeitaufwand bei der QM-Einführung liegt beim Anpassen des QM-Systems auf die eigene Praxis.

Hier sollten Sie sich Hilfe holen, zumal diese Angebote auch noch staatlich gefördert werden. Mit reiner QM-Software, Internetportalen oder Vorlagensammlungen kommen Sie daher nicht weit. Prüfen Sie daher genau, wie viel Ihnen ein Berater wirklich abnimmt und wie viel Sie noch selbst machen müssen.

Das am weitesten verbreitete QM-System ist DIN EN ISO 9001:2008. Ein solches System passt in einen Aktenordner oder kann auch leicht 20 Ordner umfassen. Es kommt eben darauf an, wie man es umsetzt. Je knapper und einfacher, je besser! Unterm Strich ist externe Hilfe immer die günstigere Alternative.

5. Einige Worte zu Arbeitsschutz und Hygiene in der Zahnarztpraxis

Zu Beginn der Praxislaufbahn sollten Sie eine sog. Fachkraft für Hygiene durch die Praxis gehen lassen. Diese kann Ihnen genau sagen, was Sie zu beachten haben und erstellt bei Bedarf die nötigen Dokumente. Dann haben Sie bei keiner Begehung Probleme.

Ferner sollten Sie eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und einen Arbeitsmediziner beauftragen, die Sie bei der Umsetzung der sehr komplexen Anforderungen unterstützen. Fragen Sie explizit nach der Umsetzung der DGUV2 und der Arbeitsschutzorganisation, diese müssen nachgewiesen werden. Beides sind Voraussetzungen dafür, dass die Berufsgenossenschaft im Falle eines Arbeitsunfalls auch wirklich zahlt. Ansonsten kann es leicht existenzbedrohend werden, wenn eine Mitarbeiterin sich während ihrer Arbeit verletzt und ggf. sogar berufsunfähig wird, da die Berufsgenossenschaft Sie dann in Regress nehmen kann. Ihre Haftpflichtversicherung hilft dabei NICHT!

Für Feedback / Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung, natürlich kostenfrei und unverbindlich

Dieser Artikel wurde von Dipl.-Kfm. Joachim Deuser - time pro med® Unternehmensberatungs GmbH geschrieben.

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